Zwischen Bäumen & Sägespänen:

Wie die nachhaltige Zukunft im Tischlerhandwerk aussehen kann

Am Samstag, 14.09. lud die familiengeführte Tischlerei Kasper anlässlich des landesweiten Tags des Tischlerhandwerks in die Massivholzwerkstatt nach Rhens ein. Die Besucher waren aufgefordert, den Charakter des Baums zu lesen. Was aus einem Baumstamm durch handwerkliche Verarbeitung entstehen kann, zeigten Tischlergesellen anhand ihrer prämierten Gesellenstücke. Dazu konnte der erste digitale Holztisch Deutschlands bestaunt werden.

Der Geruch von frisch gehobeltem Holz stieg gleich beim ersten Schritt in die Werkstatt in die Nase. Tischlermeister Hermann Kasper hatte gerade einen gut 150 Jahre alten Nussbaum aufgeklappt und angehobelt. Mit einem feuchten Lappen benetzt er die Oberfläche und schaut gespannt auf die Färbung und Maserung im Holz, die sich nun den Besuchern zeigt. „Eigentlich sind wir alle Analphabeten, was das Baumstammlesen betrifft“, sagt er lachend. Daraufhin nimmt er die Besucher mit auf die Reise, was der Baum wohl in seinem Dasein erlebt haben mag. Versteckte Asteinschlüsse, helle und dunkle Jahresringe zeugen von nährreichen und auch kargen Jahren des Nussbaums, der im Mittelrheintal gewachsen ist. Tischlermeister Kasper hat vor, aus diesem erhabenen Stück Natur einen maßgefertigten Esstisch zu bauen. Ein Tisch, an dem jemand sehr lange Freude hat und die Besonderheiten dieses natürlichen Werkstoffs schätzt.

Dass in dieser Werkstatt ein besonderes Gespür für Holz in der Luft liegt, zeigten auch die drei Tischlergesellen, die die Herausforderungen rund um die handwerkliche Fertigung ihrer Gesellenstücke präsentieren. Darunter auch der prüfungsbeste Tischlergeselle 2019 der Schreinerinnung Koblenz-RheinMosel, Marco Schwanenberger. Stolz steht er an seinem selbst gestalteten Schreibtisch aus massiver Eiche und Räuchereiche. Schüler der 9. und 10. Klasse wollen genau wissen, mit welchen Maschinen das Gesellenstück gefertigt wurde und wieviel Arbeitsstunden in so einem Schreibtisch stecken.

Wie das Tischlerhandwerk der Zukunft aussehen kann, können die Besucher am ersten digitalen Massivholztisch Deutschlands erfahren. Wer sein Handy auf die Tischoberfläche legt, kann die Daten des Tisches auslesen. Zum einen wird die handwerkliche Herstellung des Tisches anhand von Videos und Fotos auf dem Handy gezeigt und zum anderen können aktuelle Messdaten des Tisches ausgelesen werden. Mithilfe von Sensoren, die die Holzfeuchtigkeit, Temperatur und Luftfeuchtigkeit messen, können so die Besucher sehen, wie es um die Beschaffenheit des Esstischs aus Rüster steht. „So können wir unseren Kunden Empfehlungen geben, wie die Oberfläche des Tisches gepflegt werden muss“, sagt Julia Kasper, Gründerin von holzgespür. Es ist ein erster Prototyp, der hier gezeigt wird. Weitere Anwendungsfälle sieht die Digitaldenkerin in der Massivholzwerkstatt, wenn alle 180 Baumstämme mit Sensoren vernetzt und ausgestattet werden.

Dass das Tischlerhandwerk von heute nichts mehr mit der winzigen Werkstatt von Meister Eder und Pumuckl zu tun hat, ist das Fazit von Staatssekretär Dr. Alexander Wilhelm, der ebenfalls zum Werkstattbesuch nach Rhens kam. Mit dem Credo „Der Baum muss gelesen werden“ hat die Tischlerei in Rhens eine Antwort auf die Frage der Nachhaltigkeit gefunden, die auch zukünftige Generationen Freude an der wertvollen Ressource Massivholz haben lässt, den heimischen Wäldern gerecht wird sowie die Weichen für die digitale Zukunft stellt.